Chatkontrolle vertagt

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Chatkontrolle vertagt

20.06.2024 - 15:32
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Die EU-Regierungen haben ihre geplante Entscheidung zur Einführung der umstrittenen Chatkontrolle verschoben. Der belgische Ratsvorsitz strich den Punkt kurzfristig von der Tagesordnung. Damit ist die Chatkontrolle erneut im EU-Rat gescheitert, wenn auch nur vorerst.

Heute sollte eigentlich der EU-Rat über einen Kompromissvorschlag Belgiens abstimmen. Dieser sah unter anderem vor, Bilder und Videos vor dem Versand auf mögliches Missbrauchsmaterial zu scannen. Nutzer von Messaging-Apps und Diensten mit Chatfunktionen hätten dann der verdachtslosen, automatisierten Kontrolle ihrer privat verschickten Bilder, Fotos und Videos zustimmen müssen.

Bei Ablehnung sollten die Nutzer schlichtweg keine Medien mehr verschicken oder empfangen dürfen. Das Scannen auf verdächtige Bilder und Videos hätte dabei auf dem Endgerät stattfinden sollen. Doch nun flog der Punkt kurzfristig von der Tagesordnung, da eine Mehrheit unter den EU-Mitgliedsstaaten offenbar nicht sicher schien. Die deutsche Regierung wollte gegen die Chatkontrolle stimmen.

Der scheidende Europaabgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei) äußerte sich erfreut über diese Entwicklung und betonte die Bedeutung dieses Erfolgs für den Schutz der digitalen Privatsphäre und sicheren Verschlüsselung. Laut Breyer müssten die EU-Regierungen und die Europäische Kommission nun alternative Ansätze für den Kinderschutz finden, die nicht auf Massenüberwachung und verdachtslose Durchleuchtung privater Nachrichten setzen.

Er forderte die Bundesregierung auf, sich nun mit anderen kritischen Staaten auf gemeinsame Forderungen zu einigen und den bisherigen Verordnungsentwurf in mehreren Punkten zu überarbeiten:

  • Keine verdachtslose Chatkontrolle: Justizbehörden sollen nur bei konkretem Verdacht Nachrichten und Uploads durchsuchen dürfen, um eine unverhältnismäßige Massenüberwachung zu vermeiden.
  • Schutz sicherer Verschlüsselung: Das sogenannte client-side scanning, das die Verschlüsselung unterwandert, muss ausgeschlossen werden.
  • Schutz der Anonymität: Verpflichtende Altersüberprüfungen durch Kommunikationsdienste sollen gestrichen werden, um das Recht auf anonyme Kommunikation zu bewahren.
  • Keine Appzensur für junge Menschen: Anstatt Jugendliche von beliebten Apps auszuschließen, sollten die Voreinstellungen der Dienste datenschutzfreundlicher gestaltet werden.

Nun liegt der Ball bei Ungarn, das ab Juli die Ratspräsidentschaft übernimmt. Die dortige Regierung gilt als Befürworter der Chatkontrolle und dürfte weiterhin versuchen, das Vorhaben voranzubringen. Der Juristische Dienst des Rates hatte derweil bereits in einer Sitzung am 24. Mai klargestellt, dass eine verdachtslose massenhafte Chatkontrolle weiterhin grundrechtswidrig sei.

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